Dimensionen des Monismus


Kennt man ein großes Gebäude nur von einer Seite, oder nur von Innen, oder nur ein Zimmer davon, dann ist man erstaunt, wenn man das Gebäude von der anderen Seite oder aus einem anderen Zimmer heraus sieht.

Wir kennen die uns direkt umgebende materielle Welt. Eine andere Welt, die von Gott, oder von Ideen, oder das Jenseits, können wir uns nicht vereint mit der materiellen Welt vorstellen. Daher meinen wir, es müsse zwei Welten geben, das Diesseits, und das Jenseits.

Der große griechische Philosoph Platon (427 bis 347 v. Chr.) hat mit seiner Ideenlehre einen Dualismus zwischen der Welt der reinen Ideen und deren nicht idealen Abbildern in der materiellen Welt beschrieben. Es sind zwei Welten.

Doch der Neuplatoniker mit ähnlich klingendem Namen, Plotin (205 - 270) lehrte das Bestehen eines unbeschreiblichen Einen und als dessen Emanation ("Ausströmung") das Universum (wörtlich: "zum Einen Gewendetes"). Beides gehört zusammen. Plotin hat sich mit den philosophischen Lehren der Perser und Inder beschäftigt. Im Hinduismus sind sowohl starke monistische Strömungen zu finden, die die Einheit Gottes mit der Welt betonen, als auch dualistische Systeme.

Unsere typische christliche Denkweise ist dualistisch geprägt. Gott (im Himmel) und das Leben auf der Erde, der sündige Mensch und die Erlösung, Leben und Tod, und Auferstehung der Toten.

Die materielle Welt wird oft verlassen, in der Phantasie (denken wir an Michael Endes schönes Buch "Die unendliche Geschichte"), in einer Hinwendung zu mystischer Erfahrungssuche, und auch im abstraktem Denken. Beim abstraktem Denken möchte ich zwei Arten unterscheiden. Die eine ist eher exakt geprägt, mathematisch, das Gemeinsame erfassend abstrahierend, die andere Denkweise wendet sich an die Erfassung des Eigentlichen, dessen, was dahinter steht. Platon hat diese zweite Denkweise vorgezogen, sein Schüler und späterer Kritiker Aristoteles (384 bis 324 v. Chr.) war dagegen ein Vertreter der exakt abstrahierenden Art. Diese Denkweisen lassen sich auch einerseits den Rationalisten zuordnen, andererseits den Empirikern.

René Descartes (1596 bis 1650) gilt als Begründer des modernen Rationalismus, wogegen John Locke (1632 bis 1704) und auch der Vertreter des Subjektiven Idealismus George Berkeley (1684 bis 1753) Empiriker waren. Die Empiriker versuchen, Beobachtungen exakt zu analysieren und zu abstrahieren, wogegen die Rationalisten auf eine den Dingen innewohnende Vernunft ("Ratio") bauen. Die Empiriker schaffen dabei eher eine konstruierte Gedankenwelt, wogegen die Rationalisten in den Gedanken höhere Dinge suchen und interpretieren anstatt konstruieren.

Wie ist nun die Welt wirklich geschafften? Gibt es ein Jenseits? Gibt es zwei Welten? Die exakte Beantwortung wird nicht gelingen. Dieser Frage zu stellen ist jeder Einzelne (der sich dafür interessiert) gefordert. Die Annahme eines fertigen Gedankengebäudes - das ist betrügerisch wie das Verlassen auf Schulweisheiten, ohne die Dinge wirklich zu verstehen. Eine Vorstellung vom Monismus könnte bedeuten, die sichtbare materielle Welt, in der wir uns bewegen, ist die eine Ausprägung der Wirklichkeit, die andere Ausprägung der selben Wirklichkeit ist die Geistige Welt, der wir uns in unserem Denken nähern können. Eine von dieser Vorstellung getragene Idee ist diese, dass jeder Mensch einen Engel hat, der ihm zur Seite steht, bekannt oft als den "Schutzengel" der uns hilft, jedoch sind Mensch und Engel ein gleichberechtigtes Paar. Der Engel als Vertreter des Ich in der geistigen Welt braucht die physiche menschliche Seite, um zu bestehen. Wiedergeburt, eine im Hinduismus verwurzelte Grundidee, bedeutet, dass der Geist des Menschen, der nach dem Tod beim Engel bleibt, wieder eine neue menschliche Hülle findet. In der Anthroposophie ist diese Denkweise ebenfalls verwurzelt.

Der geistige Anteil der Wirklichkeit kann man sich auch zeitlos denken. Raum und Zeit sind grundlegende Erfahrungen der menschlichen Denkweise, aber daher nicht unbedingt absolut gültig.

***** www.vishia.de/Leben/Monismus.html, letzte Aktualisierung: 2005-Dezember-17 =>home