Sokrates lebte 479 bis 399 vor Christi. In dieser Zeit begann die Blütezeit von Athen, der Mensch und die Gesellschaft stehen im Mittelpunkt, und eine Reihe von Sophisten traten dort als Lehrer auf. Dort mitten hinein ist Sokrates gestellt. Doch er versteht sich nicht als Lehrer der Weisheit (Sophist) sondern als Liebhaber der Weisheit. Der Wortstamm Philo bedeutet etwa Liebhaberei, so auch in Philatelie - Liebhaber von Briefmarken. "Philosophie" bedeutet also seit Sokrates "Liebe zur Weisheit". Sokrates Stil ist es nicht, Lehren zu verbreiten sondern: Fragen zu stellen.
Das ist Sokrates Gesprächskunst. Nicht die fertigen Antworten sind es, die uns zur Erkenntnis verhelfen, sondern die richtig gestellten Fragen. Manchmal auch einfach provokativ, oft hinterfragend, sicherlich mit einer eigenen Antwort im Hintergrund, doch nicht auf die Antwort kommt es an. Diejenigen, denen die Fragen gestellt werden, kommen vielleicht auf die selben Antworten, dann sind es aber ihre eigenen, oder es kommen neue Impulse des Denkens. Sokrates erkannte, dass die Erkenntnis von Innen kommen muss, nicht die Eintrichterung (genannt "Vermittlung) von Wissen, wie es auch unser staatliches Schulsystem handhabt.
Sokrates suchte Antworten in der menschlichen Vernunft, im Denken. Platon, sein Schüler (427-349) formulierte Sokrates Ideen: Sicheres Wissen können wir nur von dem haben, was wir in der Vernunft erkennen, nicht mit den Sinnen, denn diese sind unvollständig. Platon redete erstmals von der Ideenwelt, denen die Seele angehört, die den Menschenkörper nur während seiner physichen Existenz bewohnt. Von Sokrates selbst ist nichts schriftliches überliefert. Die meisten Informationen über ihn haben wir von Platon.
Uns wird heute zumeist eine Welt der Antworten vorgeführt. Ich meine auch die Tatsache, dass alles vorgefertigt ist, von der Beutelsuppe bis hin zum Hightech-Auto oder Kleidungsstück. Alle Information kann man im Internet abholen usw. Aber hinter den Kulissen ist es ja längst nicht so. Wenn es eine neue Technische Erfindung oder Anlage gibt, dann wird nach außen so getan, als ob das alles super ist, automatisch funktioniert, nach außen hin werden nur Antworten verkauft. Hat man die Chance, zu hinterfragen, was dahinter steckt, dann sind da eher Fragen. Ist man mittendrin bei einer Entwicklung in der Technik, dann ist es eher geboten, Fragen zu stellen: Wie ist eine Bedienungsanleitung zu schreiben, damit sie wirklich gern gelesen wird oder verständlich ist. Wie ist die Software zu strukturieren, damit sie im Ausnahmefall dennoch sinnvoll reagiert? Die Antworten ergeben sich aufgrund der Fragen: Was braucht der Bediener für Informationen ?, Wie muss die Regelung bei einer bestimmten Signalkonstellation reagieren ?. Im Teamwork nicht Lösungen darzubieten sondern Fragen zu stellen ist möglicherweise der bessere Führungsstil? Nicht derjenige ist führend, der Lösungen präsentiert und andere davon überzeugt, sondern der, der die richtigen Fragen zu stellen vermag, damit die richtigen Lösungen gemeinsam gefunden werden. Allerdings wird oftmals der Erfolg nicht dem Fragenden gutgeschrieben.
Insoweit scheint doch die Denkweise des Sokrates durchaus aktuell zu sein?
Sokrates Ende: Er wurde verurteilt wegen eines nichtigen Streits. Als Urteil mupte er den Schierlingsbecher (Gift) trinken. Den Herrschenden in Athen war er ein Dorn im Auge. Von Sokarates wird gesagt, dass er in seinem Inneren eine göttliche Stimme spürte, so zu sein, wie er ist. Er hätte auch sein Leben retten können indem er Athen verließ. Aber er handelte nicht gegen seine Überzeugungen, auch nicht im Angesicht des Todes. Sein Geist ist uns überliefert.